Methoden der Unternehmensbewertung – Eine Übersicht

Als Vorbereitung auf einen geplanten Unternehmenskauf/-verkauf ist es wichtig, ein gutes Verständnis für die verschiedenen Methoden zur Bewertung eines Unternehmens zu haben. In diesem Beitrag werden wir die wichtigsten Methoden und ihre Auswirkungen auf den Kaufprozess mit Ihnen erkunden. 

Warum ist eine Unternehmensbewertung wichtig? 

*Ein absolut objektiver Unternehmenswert existiert nicht, da jede Bewertung von Annahmen und Kontextfaktoren abhängt. Allerdings ermöglichen professionelle Bewertungsmethoden eine nachvollziehbare und marktgerechte Schätzung, die als Grundlage für Kauf- oder Verkaufsverhandlungen dient.*

Bevor wir verschiedene Bewertungsmethoden diskutieren, ist es wichtig, zu wissen, was eine Unternehmensbewertung im Detail beinhaltet und vor allem, welchem Zweck sie dienen kann.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMUs)stellen in vielen Ländern – vor allem auch im DACH-Raum, das Rückgrat der Wirtschaft dar. Ob für den Unternehmensverkauf, die Nachfolgeregelung, Investorenakquise oder steuerliche Fragestellungen – eine fundierte Unternehmensbewertung schafft die Grundlage für Verhandlungen und strategische Entscheidungen. Gleichzeitig stellen KMUs Bewertungspraktiker vor spezifischen Herausforderungen, die eine individuelle Herangehensweise erfordern.

Als auf KMUs spezialisierte Experten für den erfolgreichen Verkauf Ihres Unternehmens ist es unser Ziel im Verkaufsprozess, den Marktwert eines Unternehmens für Kauf- oder Verkaufszwecke als Ausgangspunkt für die Verhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer bestmöglich zu schätzen. 

Dabei ist zu beachten, es gibt keinen absolut objektiven Unternehmenswert!

Der Wert eines Unternehmens ist stets bedingt durch Annahmen, Methoden und den Bewertungszweck.

Beim Verkaufsprozess ist es bspw. das Ziel des Käufers, den Wert und den davon abgeleiteten Kaufpreis möglichst niedrig anzusetzen, und das Ziel des Verkäufers ist es andererseits, den Wert und damit den Kaufpreis so hoch wie möglich zu bestimmen.

Die Unternehmensbewertung hingegen liefert lediglich eine begründete Spanne für den Unternehmenswert, anstatt eine einzig richtige Zahl.

Zu diesem Zweck existieren bewährte Bewertungsmethoden, die den Wert bestmöglich auf Basis verfügbarer Daten und Marktbedingungen schätzen.

Dabei unterscheidet sich die Bewertung von KMUs in einigen Aspekten von der Bewertung großer Unternehmen oder Konzerne, da spezifische Besonderheiten wie die folgenden berücksichtigt werden müssen:

  1. Eigentümerabhängigkeit: KMUs sind oft stark vom Eigentümer abhängig. Dessen Wegfall kann den Unternehmenswert erheblich beeinflussen. Da der Unternehmer meist auch Geschäftsführer und Hauptleistungserbringer (z.B. Handwerker, Steuerberater, Anwälte, Ärzte) ist, betrifft dies direkt die Ertragskraft.
  2. Eingeschränkte Datenqualität: Finanzberichte von KMUs entsprechen oft nicht den internationalen Standards (z. B. IFRS) und bedürfen daher einer detaillierten Analyse und gegebenenfalls Anpassungen.
  3. Geringere Markttransparenz: Der Markt für KMUs ist häufig intransparent, sodass vergleichbare Transaktionsdaten schwer zugänglich sind.
  4. Risikoprofil: KMUs sind oftmals höheren operativen und finanziellen Risiken ausgesetzt als große Unternehmen.

Diese Bewertungen bieten dann einen Startpunkt und ermöglichen es uns, angemessene Entscheidungen zu treffen.

Verschiedene Methoden zur Unternehmensbewertung

Es gibt mehrere Methoden zur Unternehmensbewertung, die je nach Art des Unternehmens oder der Unternehmung eingesetzt werden können. Zu den gängigsten Methoden zählen die Ertragswertmethode, das DCF-Modell (Discounted Cashflow), das Multiplikatormodell und die Substanzwertmethode:

a)Ertragswertmethode

Die Ertragswertmethode ist eine der am häufigsten verwendeten Methoden zur Bewertung von Unternehmen. Sie basiert auf der Frage, welche zukünftigen Erträge das Unternehmen generieren wird. Hierbei wird eine mehrjährige Unternehmensplanung zugrunde gelegt, aus der sich die zukünftigen Erträge ergeben. Diese werden dann auf den Bewertungsstichtag abgezinst, um den Barwert zu ermitteln. Der Diskontierungszinssatz reflektiert die erwartete Rendite wider, die Investoren für das eingegangene Risiko verlangen. Er setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen, die das allgemeine Marktrisiko und das unternehmensspezifische Risiko berücksichtigen. Die Finanzierungsstruktur des Unternehmens wird hierbei noch nicht berücksichtigt.

Besondere Herausforderungen bei KMUs:

  • Prognosen zukünftiger Gewinne sind oft unsicher und abhängig von der Marktentwicklung. Es muss überwiegend mit Annahmen gearbeitet werden.
  • Der Diskontierungszinssatz muss das höhere Risiko von KMUs widerspiegeln (Small-Cap-Prämie)
  • Inhaberabhängigkeiten oder andere qualitative Kriterien werden nicht ausreichend betrachtet. Somit wäre etwa ein Unternehmen, welches den Käufer stark ins Tagesgeschäft einbindet, bei gleicher Ertragslage genauso viel wert, wie ein Unternehmen, das ganz ohne das tägliche Zutun des Käufers auskommt.

b) Discounted-Cashflow-Methode (DCF)

Die DCF-Methode ähnelt der Ertragswertmethode, geht jedoch von den erwarteten freien Cashflows des Unternehmens aus. Diese werden abgezinst, um den Unternehmenswert zu berechnen. Der Vorteil der DCF-Methode liegt in der stärkeren Berücksichtigung von Investitions- und Finanzierungsentscheidungen in der Zukunft.

c) Multiplikatormethode

Die Multiplikatormethode (auch Marktwertmethode genannt) verwendet Vergleichsdaten, um den Unternehmenswert abzuleiten. Häufig werden dabei Multiplikatoren wie das Verhältnis von Unternehmenswert zu normalisierten EBIT genutzt, z.B. Unternehmenswert = 4x normalisierter EBIT der letzten Jahre.

Diese Multiplikatoren werden durch Vergleich mit ähnlichen Unternehmen oder von vergangenen vergleichbaren Transaktionen abgeleitet. Ein Unternehmen wird dann bewertet, indem die relevante Kennzahl mit dem Markt-Multiplikator multipliziert wird.

Da es auf aktuellen Marktwerten basiert, reflektiert es die tatsächliche Nachfrage nach vergleichbaren Unternehmen und berücksichtigt eher qualitative Kriterien als die Ertragswertmethoden, die sehr stark von quantitativen Kriterien wie die solide Planung einer unsicheren Zukunft und unsichere Berechnungsannahmen abhängen.

Besonders in M&A-Transaktionen oder bei Börsengängen wird es häufig verwendet und ist auch unsere vorrangige Methode zur Bestimmung eines Ausgangspunkts für die Transaktionsverhandlungen.  Zusätzlich berücksichtigen wir nach der Multiplikatorenrechnung bei der Bewertung noch unternehmensindividuelle qualitative Faktoren wie bspw. 

  • Die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells des Unternehmens,
  • Die Abhängigkeit vom derzeitigen Unternehmensinhaber (Eigentümerabhängigkeit)
  • und die Stabilität der Geschäftsprozesse

jeweils durch prozentuale Zu-oder Abschläge auf das Ergebnis. Für die Bestimmung dieser ist jedoch eine hohe Expertise und langjährige Markterfahrung notwendig. Fragen Sie hier denjenigen, der die Bewertung durchführt, wie viele Transaktionen er in den letzten 12 Monaten begleitet hat. Wenn hier nicht mindestens eine Handvoll Transaktionen zusammenkommen, ist davon auszugehen, dass hier das Einschätzungsvermögen nicht ausreichend ist.

Tipp: Unser Unternehmenswertrechner basiert ebenfalls auf der Multiplikatormethode. Dieses kostenlose Tool ermöglicht es Ihnen in unter 10 Minuten zu einer ersten Einschätzung des Unternehmenswertes zu gelangen.

Wie viel ist mein Unternehmen eigentlich wert?

d) Substanzwertmethode

Die Substanzwertmethode eignet sich besonders für KMUs mit hohem Sachvermögen, wie Produktionsbetriebe oder Immobilienunternehmen. Hierbei wird der aktuelle gemeine Wert der Vermögensgegenstände abzüglich der Verbindlichkeiten zur Bewertung herangezogen.

Diese Methode ist besonders relevant, wenn die Hauptvermögenswerte eines Unternehmens aus physischen Werten bestehen. 

Anlässe für eine Unternehmensbewertung

Eine Unternehmensbewertung liefert nicht nur eine monetäre Kennzahl, sondern ist ein essenzielles Steuerungsinstrument für Unternehmer, Investoren und Führungskräfte. Sie hilft, fundierte Entscheidungen zu treffen, Risiken zu minimieren und den Unternehmenswert langfristig zu steigern.

Neben der Funktion einer Ausgangsbasis für die Bestimmung des Kaufpreises bei M&A Transaktionen dient die Unternehmensbewertung auch noch anderen Zwecken eines Unternehmens wie z. B.:

. Kapitalbeschaffung

  • Investoren und Banken verlangen eine Bewertung, um das Risiko und den potenziellen Ertrag einer Investition zu beurteilen.
  • Eine solide Bewertung kann bessere Konditionen bei Krediten oder Finanzierungsrunden ermöglichen.

3. Steuerliche und rechtliche Gründe

  • Bewertungen sind oft für Erbschafts- und Schenkungssteuern erforderlich.
  • Auch bei der Umwandlung von Unternehmen oder steuerlichen Optimierungen kann eine Bewertung notwendig sein.
  • Für die steuerlich relevante Bewertung gibt es spezielle Verfahren, die meist von Steuerberatern genutzt werden. Die Ableitung eines Unternehmenswertes im Sinne marktrealer Kauf- und Verkaufspreise im M&A-Prozess ist damit im Gegensatz zu den von uns genutzten Verfahren nicht möglich!

4. Strategische Planung und Unternehmenssteuerung

  • Eine regelmäßige Bewertung hilft, den Unternehmenswert zu steigern und strategische Entscheidungen datenbasiert zu treffen.
  • Sie zeigt Stärken und Schwächen des Unternehmens auf und ermöglicht gezielte Maßnahmen zur Wertsteigerung.

5. Exit-Strategien und Nachfolgeplanung

  • Unternehmensinhaber benötigen eine Bewertung, um eine fundierte Entscheidung für den Verkauf oder die Übergabe zu treffen.
  • Besonders bei Familienunternehmen ist die Bewertung wichtig für eine faire Verteilung innerhalb der Erbfolge.

6. Compliance und Rechnungslegung

  • Unternehmen, die nach IFRS oder US-GAAP bilanzieren, müssen in bestimmten Fällen Bewertungen für Finanzberichte durchführen (z. B. Impairment-Tests oderGoodwill-Bewertung).
  • Auch im Rahmen von Insolvenzverfahren oder Restrukturierungen sind Bewertungen erforderlich.

7. Mitarbeiterbeteiligungen und Anreizsysteme

  • Aktienoptionspläne oder andere Beteiligungsprogramme erfordern eine Unternehmensbewertung, um die fairen Marktwerte zu bestimmen.

Überleitung zum Equity Value

Es ist zu beachten, dass es sich bei dem Ergebnis einer Unternehmensbewertung um einen Ausgangspunkt  für den sogenannten Enterprise Value handelt. Die M&A Transaktion wird aber zum Equity Value abgewickelt, also ohne Berücksichtigung der Unternehmensschulden und der Cashposition.  Die Überleitung von Enterprise zu Equity Value erfolgt durch eine Formel:

Equity Value Enterprise ValueNet Debt ± Adjustments

wobei Enterprise Value = Gesamtwert des Unternehmens, ermittelt z. B. mit der Multiplikatormethode.

Net Debt = Gesamtverschuldung abzüglich liquider Mittel. Der Käufer übernimmt in der Regel die Schulden, sodass diese vom Kaufpreis abgezogen werden.

Adjustments = Weitere Korrekturen, die sich auf den Kaufpreis auswirken können, wie bspw. Working Capital Adjustments, Pensionsrückstellungen, laufende Rechtsstreitigkeiten.

Die Equity Bridge ist ein zentraler Bestandteil der Kaufpreisverhandlungen, da Käufer und Verkäufer unterschiedliche Interessen haben:

Titelbild des PDF zur Equity Bridge

Zur genaueren Erläuterung und Bedeutung der Equity Bridge bieten wir ein White Paper zum Download an.

Zum Abschluss eine kleine Anekdote

Zusammenfassend möchte ich nochmal auf den Schätzungscharakter einer Unternehmensbewertung nach den oben besprochenen Verfahren hinweisen.

Die sich ergebenden Schätzwerte für den Unternehmenswert müssen natürlich immer im Kontext der zugrunde gelegten Annahmen, Planungen und sonstigen Einschätzungen für die Zukunft gesehen werden und sollten immer von geeigneten und erfahrenen M&A-Experten geprüft und hinterfragt werden.

Zum Ende noch eine Anekdote, wie es nicht laufen sollte.

In den 19990er Jahren verfolgte die Fluggesellschaft SwissAir eine aggressive Expansionsstrategie.  Für die hierfür notwendigen Investitionen wurde von Investoren auf verschiedenen Arten Kapital eingesammelt. Zu Werbezwecken wurde dabei eine Unternehmensbewertung der SwissAir veröffentlicht, die nach der Ertragswertmethode berechnet wurde. Die damaligen Geschäftspläne waren allerdings übertrieben und völlig unrealistisch, führten aber zu einem völlig überzogenen Unternehmenswert, der kapitalschwere Investoren bereitwillig zu hohen Investitionen lockte. Beispielsweise enthielt die Bewertung eine prognostizierte Ertragskraft, die -realistisch gesehen- nur durch die zukünftige Beschäftigung aller in der Schweiz wohnenden Frauen als Flugbegleiterinnen bei der Swissair erreicht werden konnte.

Diese aggressive Expansionspolitik führte zu erheblichen finanziellen Belastungen und letztlich zur Insolvenz der Swissair im Jahr 2001.

Ein Bewertung mit der Multiplikatormethode unter Berücksichtigung vergleichbarer Transaktionen bzw. Marktinformationen zu anderen europäischen Fluggesellschaften wäre sicherlich zu einem anderen Ergebnis gekommen.

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Ihr Gesprächspartner: Thomas Salzmann, Geschäftsführer Everto Consulting GmbH

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