Dieser Artikel ist in zwei Teile gegliedert. Zunächst erläutern wir, welche Bedeutung das Memorandum of Understanding (MoU) und der Vorvertrag für die Verhandlungsphase haben und wie diese zu einem deutlich besseren Verhandlungsergebnis beitragen können. Im zweiten Teil lernen Sie dann vier entscheidende Aspekte kennen, die Sie als Unternehmer unbedingt bei den eigentlichen Verhandlungssituationen beachten sollten.
Mit den praktischen Tipps und einer abschließenden Checkliste sind Sie bestens vorbereitet, um Verhandlungen souverän und auf Augenhöhe mit den potenziellen Nachfolgern zu führen und den bestmöglichen Abschluss zu erzielen.
Die Verhandlungsphase im Kontext des M&A-Prozesses
Memorandum of Understanding: Klare Vereinbarungen als Basis für den Erfolg
Nach Abschluss der Due Diligence werden die vorläufigen Ergebnisse präzisiert und die Inhalte des Letters of Intent (LoI) konkretisiert. Daraus entsteht das Memorandum of Understanding (MoU) – eine Vereinbarung, die die bisherigen Zwischenergebnisse detailliert festhält. Hier können erste klare Absprachen über finanzielle, rechtliche und steuerliche Aspekte sowie strategische Überlegungen getroffen werden. Diese Dokumentation dient als wichtige Grundlage für den späteren Kaufvertrag. Das MoU hat eine stärkere Verbindlichkeit als der LoI, jedoch ohne rechtliche Bindungswirkung, sofern dies nicht explizit vereinbart wurde.
In der Verhandlungsphase haben beide Parteien in der Regel schon viele Informationen ausgetauscht und Vertrauen aufgebaut. Ein Rückschritt von den Vereinbarungen des MoU würde in dieser Phase die Glaubwürdigkeit stark beeinträchtigen und die weitere Zusammenarbeit erheblich erschweren. Daher ist das MoU ein essenzielles Werkzeug, um sowohl Ergebnisse festzuhalten als auch das gegenseitige Vertrauen für den finalen Vertrag zu stärken.
Vorvertrag: Ein Schritt weiter zur Verbindlichkeit
Als Ergebnis der Verhandlungsphase kann auch ein Vorvertrag geschlossen werden, der eine rechtlich verbindliche Verpflichtung zum Abschluss des Hauptvertrags darstellt. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn noch offene Punkte bestehen, die einer Klärung bedürfen. Im Gegensatz zu LoI oder MoU kann ein Vorvertrag Schadensersatzansprüche begründen, falls eine Partei ihre Verpflichtungen nicht einhält. Voraussetzung ist jedoch, dass der Vorvertrag klare und eindeutige Regelungen enthält – was letztlich im Streitfall vom Gericht beurteilt wird.
Zwischenfazit: Warum LoI, MoU und Vorvertrag?
Man könnte sich fragen, warum es überhaupt so viele Vorvereinbarungen gibt, die nicht vollständig verbindlich sind – vom LoI über das MoU bis hin zum Vorvertrag. Der Grund dafür ist zweigeteilt. Einerseits dienen diese Dokumente dazu, zentrale Fragen frühzeitig zu klären, primär solche, die potenziell zum Abbruch der Verhandlungen führen könnten, sogenannte „Dealbreaker“. Beispielsweise kann ein Kaufpreisangebot von 5 Millionen Euro seitens des Käufers trotz zahlreicher Verhandlungsrunden nicht auf die 20 Millionen Euro angehoben werden, die der Verkäufer erwartet. Solche grundlegenden Differenzen müssen frühzeitig geklärt werden, um beiden Parteien Zeit und Aufwand zu ersparen. Andererseits erlauben diese Vorvereinbarungen, vermeintlich unüberwindbare Probleme zeitlich nach hinten zu verlagern. Wenn bereits viele Punkte geklärt und schriftlich festgehalten wurden und somit beide Seiten viel Ressourcen in die Verhandlungen investiert haben, erscheinen oft auch die schwierigeren Themen plötzlich lösbarer.
Vier Aspekte, die Sie in den Verhandlungen beim Unternehmensverkauf unbedingt beachten sollten.
1. Der Aufbau von Glaubwürdigkeit als Schlüsselelement
Glaubwürdigkeit ist das A und O im Verkaufsprozess. Als Verkäufer sollten Sie stets ehrlich und verbindlich agieren. Das bedeutet beispielsweise:
- Beginnen Sie den Verkaufsprozess mit einer realistischen und professionellen Unternehmensbewertung. Vermeiden Sie auf jeden Fall zu überschwängliche Kaufpreisvorstellungen – sogenannte „Mondpreise“. Wir empfehlen Ihnen unseren Artikel zum Thema Unternehmensverkauf. Dieser gibt Ihnen einen guten Überblick über die Optionen, die Sie zur Unternehmensbewertung haben.
- Halten Sie sich an die Vereinbarungen, die im LoI oder MoU getroffen wurden. Ein späteres Abweichen schadet in den meisten Fällen mehr, als es einbringt, und führt nicht selten zum Transaktionsabbruch.
Der Aufbau von Vertrauen bedeutet im Umkehrschluss auch, dass der Käufer weniger Garantien einfordert, als es der Fall wäre, wenn er sie bereits in den Verhandlungen als arglistig wahrgenommen hätte. Dies heißt jedoch nicht, dass Sie alle Informationen offenlegen sollten. Ein gewisses Maß an strategischer Zurückhaltung ist erforderlich, um Ihre Verhandlungsposition zu stärken und zu schützen – ein Aspekt, der oft übersehen wird, auf den wir nun jedoch genauer eingehen möchten.
2. Warum man mehr durch Zuhören als durch Reden gewinnen kann?
In jedem Meeting mit potenziellen Käufern sollte der Verkäufer freundlich, aufgeschlossen und zuvorkommend sein. Ein Lächeln, das Anbieten von Kaffee und ein freundliches Auftreten schaffen eine positive Atmosphäre und fördern den Informationsaustausch. Verkäufer sollten sich bewusst sein, dass sie in diesen Momenten viel mehr durch Zuhören als durch Reden gewinnen können. Die Kunst liegt darin, Informationen zu sammeln und dem Käufer zu signalisieren, dass man offen und kooperationsbereit ist.
Seien Sie höflich, zurückhaltend und offen. Machen Sie sich Notizen, hören Sie aktiv zu und bewahren Sie eine entspannte, aber aufmerksame Haltung. Vermeiden Sie es, sich von persönlichen Emotionen leiten zu lassen, und gestalten Sie die Meetings mit einer Prise Humor und Leichtigkeit. Diese Herangehensweise trägt nicht nur zu einem besseren Verhandlungsklima bei, sondern kann entscheidend dazu beitragen, den Wert Ihres Unternehmens im Verkaufsprozess zu steigern.
3. Ein nicht gefragter Rat ist auch kein guter Rat.
Es mag selbstverständlich erscheinen, doch es ist überraschend, wie viele erfahrene und erfolgreiche Unternehmer, die ihr Unternehmen mit großer Hingabe aufgebaut haben, in Verhandlungssituationen unbewusst kontraproduktiv agieren. Trotz ihrer Professionalität können manche Verkäufer in Meetings mit potenziellen Käufern arrogant oder herablassend wirken, was den Verhandlungsprozess erheblich negativ beeinflussen kann. Dieses Verhalten, auch wenn es nicht optimal ist, ist jedoch durchaus nachvollziehbar. In Verhandlungssituationen kann eine kritische Nachfrage des Käufers leicht als Angriff auf das Lebenswerk des Verkäufers empfunden werden. Doch solche Fragen und Hinweise auf Verbesserungspotenziale sind selbstverständlich und sollten nicht als persönliche Kritik, sondern als Teil des Prozesses verstanden werden.
Ein häufiger Fehler von Unternehmern besteht darin, dem Käufer vorzugeben, wie das Unternehmen weiterentwickelt werden sollte. Oft geschieht dies in bester Absicht, führt jedoch häufig zu Missverständnissen. Viele Verkäufer präsentieren konkrete Wachstumsideen und machen Vorschläge, wie der neue Eigentümer das Unternehmen erfolgreicher gestalten könnte. Dieser gut gemeinte Rat kann leicht missverstanden werden und die eigene Verhandlungsposition schwächen. Käufer fragen sich oft: „Wenn diese Ideen so gut sind, warum wurden sie bisher nicht umgesetzt?“
Statt ungefragte Ratschläge zu erteilen, sollte der Fokus darauf liegen, weniger zu sagen und dem Käufer die Entwicklung seiner eigenen Wachstumsstrategie zu überlassen. Konzentrieren Sie sich darauf, das Unternehmen transparent darzustellen und Vertrauen zu schaffen. Verinnerlichen Sie dabei stets das Motto: „Ein nicht gefragter Rat ist auch kein guter Rat“.
4. Warum der Entscheidungsträger im Hintergrund verbleiben sollte?
Zum Ablauf der Kaufpreisverhandlung gehört auch die Klärung der Frage, wer aufseiten des Verkäufers die Verhandlungen führt. Gerade mittelständische Unternehmer sind es gewohnt, alle wichtigen Verhandlungen selbst zu leiten. Beim Verkauf des eigenen Unternehmens jedoch ist es ratsam, von dieser Gewohnheit abzuweichen, um das zuvor Gesagte in die Tat umzusetzen. Denn der Unternehmer ist emotional zu stark mit dem Verkauf seines Lebenswerks verbunden. Die Verhandlungsführung sollte daher stets von einem neutralen, emotional ungebundenen Berater übernommen werden. Dieser kann bei potenziellen Verletzungen vermittelnd eingreifen, die Äußerungen neutral bewerten und so den Fortgang der Verhandlungen fördern. Zudem kann er sich oft besser in die Rolle des Käufers hineinversetzen, was einen erfolgreichen Abschluss wahrscheinlicher macht.
Mit der Übernahme der Verhandlungsführung durch einen externen Berater bleibt jedoch weiterhin sichergestellt, dass die finale Entscheidung über den Verkauf beim Unternehmer liegt. Diese Rollenverteilung ermöglicht es dem Unternehmer, bei einem Stocken der Verhandlungen selbst das Gespräch mit dem Käufer zu suchen und die Entscheidung herbeizuführen. Eine solche Rollenverteilung sollte im Vorfeld zwischen Verkäufer und Berater klar abgestimmt werden. Idealerweise lassen sich solche Rollenverteilungen vor einer Verhandlung üben, um die Rollen von „Bad Cop“ und „Good Cop“ effektiv in den Verhandlungsprozess einbringen zu können. Der Berater übernimmt dabei die Rolle desjenigen, der die unangenehmen Wahrheiten anspricht, während der Unternehmer als ausgleichende Instanz auftritt.
Checkliste für die erfolgreiche Verhandlung beim Unternehmensverkauf
- Realistische Unternehmensbewertung: Starten Sie mit einer fundierten Bewertung, um unrealistische Erwartungen zu vermeiden.
- Vertrauen aufbauen: Halten Sie sich an getroffene Vereinbarungen und agieren Sie stets ehrlich und verbindlich.
- Strategische Zurückhaltung: Geben Sie nicht alle Informationen preis, sondern bewahren Sie ein gewisses Maß an Zurückhaltung, um Ihre Position zu schützen.
- Aktives Zuhören: Seien Sie aufgeschlossen und freundlich, hören Sie aktiv zu und vermeiden Sie es, zu viel zu reden.
- Keine ungefragten Ratschläge: Lassen Sie den Käufer seine eigenen Ideen entwickeln, statt ihm Ratschläge zu geben, wie er das Unternehmen führen sollte.
- Rollenverteilung klären: Ziehen Sie einen neutralen Berater hinzu, der die Verhandlungsführung übernimmt, während Sie die Entscheidung treffen.